Auf dem Podium waren die CDU mit dem Pforzheimer Bundestagsabgeordneten Gunther Krichbaum vertreten, die SPD mit der Bundestagsabgeordneten aus Waldshut, Rita Schwarzelühr-Sutter, die FDP mit ihrem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dr. Florian Toncar aus Böblingen sowie die Grünen mit ihrer Kandidatin, der Ulmer Architektin Annette Weinreich. Rund 80 Politikinteressierte verfolgten die Debatte unter dem Titel "Rund ums Bauen" im Forum der Handwerkskammer Region Stuttgart unter der Regie des stellvertretenden Chefredakteurs der Stuttgarter Nachrichten, Wolfgang Molitor.
Auf die Forderung der Wertschöpfungskette Bau, der Bund müsse für eine Infrastrukturoffensive 14 Milliarden Euro jährlich investieren, gingen die Diskutanten sehr unterschiedlich ein. Laut Annette Weinreich muss es beim Thema Verkehr ein Umdenken geben. "Wir brauchen neue Mobilitätskonzepte", sagte die Ulmer Stadträtin. Die Grünen setzten dabei "ganz klar auf die Schiene". Es könnten nicht immer neue Projekte angestoßen werden, die dann aufgrund fehlender Mittel nicht fertiggestellt werden könnten.
SPD-Politikerin Rita Schwarzelühr-Sutter plädierte für ein "integriertes Verkehrskonzept". Ihre Partei wolle zur Finanzierung die Lkw-Maut ausweiten, da Lkws die Straßen mehr beschädigten als Pkws. Der Neubau von Infrastrukturprojekten müsse sich grundsätzlich nach der Frage richten, welches Projekt den größten Nutzen bringe. Ansonsten habe die Sanierung Priorität, sagte die SPD-Mittelstandsbeauftragte für das Handwerk.
CDU-Bundestagsabgeordneter Gunther Krichbaum räumte ein, dass es in seiner Partei unterschiedliche Auffassungen zum Thema Maut gebe. Er begründete dies damit, dass vor allem in den neuen Bundesländern "die Menschen diametral dagegen" seien. Er persönlich plädiere für ein einfaches Vignetten-System wie in der Schweiz, um Geburtswehen, wie man sie mit Toll Collect erlebt habe, zu vermeiden.
Toncar, der Mitglied des Haushaltsausschusses ist, bekannte sich zwar zu der Notwendigkeit einer Infrastrukturoffensive. Hoffnung auf zusätzliche Mittel wollte er aber nicht machen. Die Bundesregierung habe in den vergangenen Jahren den Etat immerhin nicht gekürzt. Dies sei der Finanzrahmen, der ohne weitere Schuldenaufnahme "machbar" sei.
Mit Blick auf die Forderung der bauenden Berufe, die Städtebauförderung aufzustocken, verwies Rita Schwarzelühr-Sutter auf das unter Rot-Grün eingeführte "Erfolgskonzept 'Soziale Stadt'", das von Schwarz-Gelb auf 40 Millionen Euro "abgespeckt" worden sei. "Da wollen wir wieder auf 150 Millionen Euro. Die Städtebauförderung wollen wir auf 700 Millionen Euro aufstocken", sagte die studierte Ökonomin. Die SPD wolle wieder den sozialen Wohnungsbau in den Mittelpunkt stellen. Baden-Württemberg sei da schon mit gutem Beispiel vorangegangen.
Krichbaum kritisierte das rot-grüne Ansinnen einer gesetzlichen Mietpreisgrenze. Dies löse das Problem nicht. Man müsse vielmehr auf steuerliche Anreize setzen. Mit einer Mietpreisgrenze bringe man die Investoren nicht dazu, in Immobilien zu investieren. Er warf Rot-Grün zudem vor, im Bundesrat das Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen "aus rein ideologischen Grünen gestoppt" zu haben. Schwarzelühr-Sutter hielt entgegen, das Gesetz habe die oberen Einkommen deutlich begünstigt. Bedauerlicherweise habe sich Baden-Württemberg mit seinem Kompromissvorschlag nicht durchsetzen können.
Florian Toncar führt das Abstimmungsverhalten im Bundesrat auf den Wahlkampf zurück. Man müsse sich angesichts der Steuerpläne von Grünen und SPD die Frage stellen, wer angesichts dieser Pläne noch investieren wolle. "Wenn wir dem Eigentümer immer mehr vorschreiben, wer tut sich das alles noch an?", sagte Toncar und fügte hinzu. "Man erreicht mit steuerlicher Förderung mehr als mit dem sozialen Hebel."
Annette Weinreich nannte das bayerische Wohnraumförderprogramm als ein mögliches Vorbild. Mit Zinsvergünstigungen sei es nicht getan. "Ich bin überzeugt, dass die aktuelle Wohnungsmarktpolitik 'Der Markt wird's schon richten' uns auf die Füße fallen wird", sagte sie.
In der anschließenden Debatte mit dem Publikum kritisierte Handwerkstags-Präsident Joachim Möhrle, die schwarz-gelbe Bundesregierung benachteilige mit der Befreiung von immer mehr Industriebetrieben von der EEG-Umlage den Mittelstand. "Die Befreiungstatbestände sind völlig falsch angelegt", sagte Möhrle. "Hier findet eine Bevorzugung der großen Konzerne statt. Das wird der Mittelstand so nicht weiter mitmachen." Krichbaum gab zu bedenken, dass wenn Großkonzerne erst einmal abwanderten, es fast unmöglich sei, sie wieder ins Land zurückzuholen. "Und früher oder später landet das dann bei Ihnen", sagte der Wirtschaftsjurist.